Skeptiker oder Sektierer? Ein skeptischer Blick auf die GWUP
Wenn man sich für einen Skeptiker hält, tut man gut daran, gelegentlich auch an seiner Skepsis zu zweifeln.
(Sigmund Freud)
Anfang des Jahres wurde in der "Welt", der auflagenstärksten deutschen Qualitäts-Tageszeitung, ein Artikel mit dem Titel "Aktien-Astrologen warnen vor HyperinflationHyperinflation ist Inflation, die völlig aus dem Ruder gerät. Globale Hyperinflation im weiteren Sinne definiere ich als einen Anstieg der $-Inflation auf ein neues Allzeitzeithoch bei 20-30% pro Jahr, Hyperinflation im engeren Sinne ist 20-30% Inflation im Monat." veröffentlicht (Timer DigestTimer Digest ist eine US-Ratingagentur, die die Performance von Amanita Market Forecasting aufzeichnet und überwacht. Die mittelfristigen Amanita-Signale orientieren sich an den Regeln von Timer Digest." mit anderen Marktimern verglichen, was "äußerst vage Prognosen" ausschließt. Dazu gibt es natürlich auch die Amanita-Trades.
Solche falschen Behauptungen sind leider an der Tagesordnung bei der GWUP. Klaus Schmeh, ein anderer GWUP-Autor, veröffentlichte Ende 2006 den Artikel "BörsenastrologieBörsenastrologie (Finanzastrologie) ist die Anwendung der Astrologie zur Analyse und Prognose der Finanzmärkte, Börsenastrologie wird hier primär als empirisch-statistische Disziplin verstanden. Der wahrscheinlich erste Finanzastrologe war Thales von Milet, der gemeinsam mit Aristoteles als Begründer von Wissenschaft und Philosophie überhaupt gilt. Thales sah mithilfe der Astrologie eine gute Olivenernte voraus und kaufte alle Olivenpressen auf, die er dann mit hohem Gewinn vermieten konnte, was ihn zu einem reichen Mann machte. - Seriöse Analysemethode oder Unfug?" (testen Astro-Forscher der Geschichte, Michel Gauquelin, wurde etwa das Betreten der Universitätsbibliothek verboten. Auf meine Diplomarbeit und Doktorarbeit an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien wurde aus allen Rohren geschossen:
- Mein Diplomarbeitsbetreuer bekam massive Schwierigkeiten und warf mir vor, seine Karriere ruiniert zu haben.
- Die Doktorarbeit konnte nach 3 Semestern Arbeit daran nicht weitergeführt werden.
- Einige Jahre nach Beendigung aller WU-Verbindungen kam (nach Medienberichten) plötzlich der "Befehl" von der Universitätsleitung, ich müsse den Link (!) von meiner Homepage zur WU entfernen - widrigenfalls drohe die Aberkennung (!) des akademischen Titels. Solche Mafia-Methoden sind natürlich das Gegenteil jeder Wissenschaftlichkeit, zeigen aber gut, daß jeder Prügel kassiert, der in einem Tabubereich wie der Astrologie neue Erkenntnisse generieren will.
Ich brach die Diskussion mit Herrn Schmeh mit dem Hinweis ab, daß eine Fortsetzung der Diskussion nur sinnvoll sei, wenn er mal 5-10.000 Seiten als allererste Einführung gelesen habe. Nicht umsonst ist Astrologie am Kepler College in den USA ein ganz normales 8semestriges Diplomstudium. Das Problem ist, daß es für die Astrologie fast keine kompetenten Skeptiker gibt (Geoffrey Dean ist einer der wenigen, er war auch früher praktizierender Astrologe), idealerweise sollte jeder Kritiker ein abgeschossenes Bachelor-Studium der Astrologie am Kepler College oder eine vergleichbare Ausbildung haben, sonst ist es laienhafte Geschreibsel, das das Papier nicht wert ist, auf dem es steht.
Diese Aussagen zeigen eindrucksvoll zeigt, warum seriöse Skeptiker wie Edgar Wunder u.a. die GWUP schon lange verlassen haben. Edgar Wunder war Gründungsmitglied der GWUP und Jahre sogar Redaktionsleiter und kennt daher diese Organisation wie kaum ein anderer. Er hat mich bereits bei meiner Diplomarbeit und Doktorarbeit unterstützt, wo ich ihn als strengen und äußerst kompetenten Berater kennenlernte. Als Soziologe hat er seine Erkenntnisse im Artikel "Das Skeptiker-Syndrom" verdichtet (http://www.skeptizismus.de/syndrom.html). Hieraus möchte ich einige Schlüsselpassagen zitieren:
Es gibt innerhalb der GWUP eine ganze Reihe von Mitgliedern, die ohne hinreichende fachliche Kenntnis der jeweiligen Materie eine Art Weltanschauungskampf gegen alles führen wollen, was sie mit dem Begriff „paranormal" assoziieren, die dabei auch (bewußt oder unbewußt) eine selektiv-einseitige Darstellung der Fakten und Argumente sowie zuweilen auch emotional-unsachliche rhetorische Taktiken in Kauf nehmen, während sie an wissenschaftlichen Untersuchungen zu Parawissenschaften höchstens insofern interessiert sind, als deren Ergebnisse „Kanonenfutter" für öffentliche Kampagnen liefern könnten. [...]
Die eigene Gruppe wird nicht als „wissenschaftliche (Forschungs-) Gemeinschaft" verstanden, sondern als soziale Bewegung, als „verschworene (Gesinnungs-) Gemeinschaft" mit letztlich politischen Zielen, nämlich der eigenen Vorstellung von „Rationalismus" in der gesamten Gesellschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Man müsse sich hinsichtlich des Vorgehens und anderer Fragen deshalb auch bei politischen Parteien ein Vorbild nehmen, nicht etwa bei wissenschaftlichen Gesellschaften. [...]
Sogar entdeckte, teils peinliche nachweisliche Fehler und Falschbehauptungen von einzelnen Mitgliedern werden organisationsintern kaum kritisiert (und schon gar nicht öffentlich!), sondern werden geduldet, solange sie hinsichtlich ihrer Zielrichtung den eigenen Überzeugungen nicht zuwider laufen. „Hauptsache dagegen!" scheint für viele die Devise zu sein. So war es beispielsweise möglich, dass ein früheres GWUP-Mitglied jahrelang Gauquelins These eines „Mars-Effekts" mit nachweislich falschen Argumenten heftig attackierte. Sogar als diese Person (aus anderen Gründen) nicht mehr GWUP-Mitglied war, sah sich außer mir keiner zu einer kritischen Aufarbeitung genötigt. In vielen anderen Beispielen haben mir Mitglieder unter vier Augen gesagt, dass sie diese und jene Behauptungen anderer Mitglieder für nachweislich falsch hielten, sie aber nicht offen kritisieren wollten, „um der skeptischen Bewegung nicht zu schaden". [...]
Nach meinen Erfahrungen hat z.B. ein ganz erheblicher Anteil der GWUP-Mitgliedschaft keine Ahnung, was etwa der Unterschied zwischen „Tierkreiszeichen" und „Sternbildern" ist [...]
Ich habe die Debatte zu den Gauquelin-Studien (das größte astrologische Forschungsprojekt der Geschichte) in den 90ern verfolgt und war entsetzt ob der Niveaulosigkeit. Einige prominente Skeptiker wie etwa Dennis Rawlins verließen daraufhin (wie Edgar Wunder) die US-Skeptikerorganisation CSICOP, weil sie die betrügerischen Methoden nicht mehr mit ansehen konnten, mit denen man versuchte, die astrologischen Effekte "wegzumanipulieren".
Die GWUP kann man daher guten Gewissens als Propaganda-Organisation mit gewissen sektiererischen Zügen bezeichnen (Skeptizismus verstanden als eine Art Ersatzreligion und dogmatische Heilslehre...). Überhaupt schlage ich parallel zur Unschuldsvermutung in der Jurisdiktion aus naheliegenden Gründen für die GWUP eine Unsinnsvermutung vor: solange nicht das Gegenteil bewiesen wurde, muß man als vorläufige Hypothese davon ausgehen, daß es sich bei GWUP-Behauptungen um Unsinn handelt (quasi eine "Beweislastumkehr").
Da leider auch in der Astrologie nur allzuviel Unsinn kursiert, ist seriöser Skeptizismus das Gebot der Stunde. Die von Edgar Wunder gegründete Gesellschaft für Anomalistik e.V. (http://www.anomalistik.de/) ist zweifellos die führende und seriöseste Organisation, die tatsächlich die Wahrheitsfindung und nicht billige Propaganda zur Zielsetzung hat. Der Arbeitskreis Astrologie wird von Ulrike Voltmer und Christoph Weidner (Stellvertreter) geleitet